Kaum ein Tier in Asien fasziniert so sehr wie der Elefant. Er ist stark und doch sanft, klug, sozial und erstaunlich sensibel. Wer ihm begegnet, spürt schnell: Dieses Tier versteht mehr, als man denkt. Und trotzdem werden Elefanten in vielen Ländern noch immer als Touristenattraktion benutzt.
In Thailand, Sri Lanka oder Laos gehören Elefantenritte und Badeprogramme fast schon zum Standardangebot. Auf Fotos sieht das idyllisch aus: lächelnde Reisende, glitzerndes Wasser, ein scheinbar zufriedener Elefant. Doch hinter dieser friedlichen Kulisse steckt oft eine Realität, die man nicht sehen soll.
Und wenn das Gespräch auf die Kritik kommt, fällt fast immer derselbe Satz:
„Bei uns werden doch auch Pferde geritten.“
Ein Vergleich, der harmlos klingt – und trotzdem alles verfehlt.
Der Elefant: Kein Haustier, sondern Wildtier
Pferde leben seit Jahrtausenden an der Seite des Menschen. Durch Zucht wurden sie an Arbeit, Sattel und Reiter angepasst – sie sind echte Haustiere, mit einem genetisch verankerten Vertrauensverhältnis.
Elefanten dagegen sind und bleiben Wildtiere. Sie wurden nie domestiziert, sondern nur gezähmt. Auch wenn sie in Gefangenschaft geboren werden, tragen sie ihr wildes Erbe in sich – ihre Instinkte, ihren Freiheitsdrang, ihren Stolz. Damit ein Elefant sich reiten oder waschen lässt, muss er lernen, seinen natürlichen Widerstand aufzugeben. Und das geschieht selten freiwillig.
Das Brechen des Willens
In vielen asiatischen Ländern wird noch immer eine uralte Praxis angewendet, die Phajaan genannt wird – das Brechen des Willens. Junge Elefanten werden dabei von ihren Müttern getrennt, fixiert und tagelang mit Entzug, Schlägen und Lärm gefügig gemacht. Ziel ist es, den freien Geist des Tieres zu brechen, damit es sich kontrollieren lässt.
Offiziell distanzieren sich viele Camps davon, doch Untersuchungen von World Animal Protection zeigen: Varianten dieser Methode sind noch immer verbreitet. Selbst Elefanten, die in Gefangenschaft geboren werden, durchlaufen oft Trainingsformen, die auf Angst basieren.
Verhaltensforscher und Tierärzte beobachten bei solchen Tieren später typische Stresssymptome – monotones Hin- und Herschaukeln, Kopfschaukeln, Apathie. Bewegungen, die Touristen manchmal als „Tanzen“ deuten, sind in Wahrheit Ausdruck von Stress und Resignation.
Warum der Elefantenrücken kein Sattelplatz ist
Ein Elefant wirkt mächtig, doch sein Körper ist empfindlicher, als man denkt. Seine Wirbelsäule unterscheidet sich deutlich von der eines Pferdes: Statt einer stabilen, runden Rückenkonstruktion besitzt sie nach oben ragende Knochenfortsätze, die direkt unter der Haut liegen.
Jedes zusätzliche Gewicht drückt auf diese empfindlichen Punkte – erst recht, wenn mehrere Personen auf einem Sitzgestell, dem sogenannten Howdah, Platz nehmen. Untersuchungen in thailändischen Camps zeigen, dass viele Reitelefanten Wunden und Druckstellen am Rücken haben.
Eine Studie (Kongsawasdi et al., 2021) ergab zwar, dass Elefanten kurzfristig bis zu 15 Prozent ihres Körpergewichts tragen können, ohne ihr Gangbild zu verändern. Doch das war ein Labortest – kein Tag im Camp. In der Realität laufen Elefanten stundenlang über unebenes Gelände, tragen schwere Sättel und Touristen, oft bei über 30 Grad. Unter solchen Bedingungen werden selbst kleine Belastungen zum Problem.
Elefantenbaden – die sanfte Illusion
Viele Reisende verzichten heute auf das Reiten und entscheiden sich fürs Elefantenbaden. Auf Bildern sieht das friedlich aus: Menschen und Tiere im Wasser, alles wirkt harmonisch. Doch auch hier steckt Training dahinter – und damit Kontrolle.
Ein wilder Elefant würde sich nie von Fremden anfassen lassen. Damit er stillhält, wird er konditioniert. Branchenrichtlinien wie die ABTA Global Welfare Guidance stufen sowohl Reiten als auch Baden als nicht tiergerecht ein.
Was für uns nach Nähe aussieht, bedeutet für die Tiere Stress. Sie müssen mehrmals täglich für Touristengruppen ins Wasser, können sich nicht entziehen und verlieren dabei den schützenden Schlammfilm ihrer Haut. Diese „sanfte“ Alternative ist also kaum besser – sie sieht nur freundlicher aus.
Warum Pferde keine Ausreden sind
Natürlich wird auch im Reitsport über Ethik und Tierwohl diskutiert. Aber Pferde sind domestiziert. Sie leben seit Generationen mit dem Menschen, ihre Haltung ist reguliert, ihr Einsatz klar definiert.
Elefanten dagegen bewegen sich in einem rechtlichen Niemandsland. In Thailand gelten gezähmte Elefanten als „Arbeitstiere“, nicht als Wildtiere – und fallen damit durch viele Schutzbestimmungen. Es gibt keine verbindlichen Regeln für Arbeitszeiten, Lasten oder Haltungsbedingungen.
Wer also Elefantenreiten mit Pferdereiten vergleicht, ignoriert den entscheidenden Unterschied: Das eine ist jahrtausendelange Partnerschaft – das andere ist Zwang.
Ein besserer Weg
Zum Glück verändert sich etwas. Immer mehr Orte setzen auf „hands-off tourism“ – also Beobachten statt Anfassen.
Im Elephant Nature Park in Chiang Mai etwa leben gerettete Elefanten frei in Gruppen. Besucher dürfen sie aus der Distanz beobachten, beim Fressen, Spielen oder Baden – so, wie sie sich verhalten würden, wenn kein Mensch eingreift.
Ähnliche Projekte entstehen in Sri Lanka und Laos. Wer einmal erlebt hat, wie eine Herde gemächlich durchs Wasser zieht, ruhig, selbstbestimmt, ungestört, versteht: Nähe entsteht nicht durch Berührung, sondern durch Respekt.
Worauf du bei der Wahl achten solltest
Wenn du Elefanten erleben willst, wähle dein Ziel bewusst. Gute Einrichtungen erlauben keinen direkten Kontakt. Kein Reiten, kein Baden, keine Shows. Elefanten sollten in Gruppen leben, sich frei bewegen können, ohne Ketten und ohne Haken.
Frage nach Herkunft und Pflege der Tiere – seriöse Anbieter sprechen offen darüber. Und sie betreiben keine Zuchtprogramme, um neue Elefanten für den Tourismus zu gewinnen.
Je mehr Reisende sich für solche Orte entscheiden, desto mehr verändert sich der Markt. Tourismus kann Teil der Lösung sein – wenn er sich an die Bedürfnisse der Tiere anpasst, nicht umgekehrt.
No-Go Areas: Thailand, Sri Lanka & Bali
Nicht jeder Ort, an dem man Elefanten sehen kann, tut ihnen auch wirklich gut. Viele Einrichtungen nennen sich „Sanctuary“, „Rescue Center“ oder „Eco Park“ – Begriffe, die nach Schutz und Nachhaltigkeit klingen. Doch oft steckt dahinter das alte Geschäft in neuem Gewand: Reiten, Baden, Fotos und kleine Shows. Für Reisende ist es schwer zu erkennen, was ehrlich gemeint ist und was bloß Marketing.
Thailand
Thailand ist das Herz des Elefantentourismus in Südostasien. Besonders in Regionen wie Chiang Mai, Chiang Rai, Phuket und Pattaya reihen sich Camps aneinander, die mit „sanften Erlebnissen“ werben – und dann doch Elefantenritte, Kunststücke oder Fotos mit direkten Tierkontakten anbieten.
Ein Beispiel ist das Chang Puak Camp in Chiang Rai, das in Reiseberichten immer wieder kritisiert wird. Besucher beschreiben angekettete Elefanten, Reitprogramme und wenig transparente Haltungsbedingungen. Ähnlich sieht es in vielen großen Anlagen rund um Ayutthaya und Phuket aus: stundenlange Touren, grelle Shows, fehlende Pausen für die Tiere.
Wenn irgendwo Elefantenreiten, Tricks oder Baden mit Touristen auf dem Plan steht, ist das ein klares Warnsignal.
Sri Lanka
Auch in Sri Lanka lohnt es sich, genau hinzuschauen. Das bekannteste Beispiel ist das Pinnawala Elephant Orphanage – einst als Zufluchtsort für verwaiste Tiere gegründet, heute eine der meistbesuchten Touristenattraktionen des Landes. Besucher dürfen beim Baden zusehen, Elefanten füttern oder Fotos machen.
Kritiker bemängeln, dass Pinnawala mehr Show als Schutz bietet. Statt Auswilderung stehen Zucht und Besucherbetrieb im Vordergrund. Ähnliche Situationen gibt es in kleineren Einrichtungen rund um Kegalle, Sigiriya und im Hochland: Es wird mit „geretteten“ Elefanten geworben, doch in Wirklichkeit leben viele Tiere dort in Ketten und werden für Fotos oder Badeaktionen eingesetzt.
Sobald du Elefanten siehst, die gefesselt sind, einzeln gehalten werden oder regelmäßig für Touristenposen antreten müssen – geh weiter.
Bali
Auch auf Bali spielt der Elefantentourismus eine Rolle – obwohl Elefanten auf der Insel gar nicht heimisch sind. Viele Tiere stammen von Sumatra und wurden nur für Shows und Reitprogramme importiert. Besonders der Bali Elephant Camp und der Mason Elephant Park in Ubud stehen seit Jahren in der Kritik. Besucher berichten von angeketteten Tieren, Reitangeboten und Kunststücken.
Organisationen wie World Animal Protection und PETA Asia stufen diese Parks als nicht tiergerecht ein. Zwar wird oft mit Begriffen wie „Education“ oder „Conservation“ geworben, doch die Realität sieht anders aus: wenig Platz, kaum Schatten und ein Alltag, der sich vor allem am Besuchertakt orientiert.
Woran du problematische Orte erkennst
Ein paar einfache Faustregeln helfen, die Spreu vom Weizen zu trennen:
- Elefantenreiten, Shows oder Baden stehen im Programm.
- Die Tiere stehen allein, angekettet oder an kurzen Leinen.
- Besucher dürfen Elefanten anfassen, füttern oder Selfies machen.
- Herkunft, Pflege oder Haltung der Tiere bleiben unklar.
Wenn du eines davon siehst, ist das Grund genug, umzudrehen. Es gibt genug Orte, die es besser machen – mit echter Fürsorge, Freiraum und Respekt. Dort kannst du Elefanten erleben, wie sie wirklich sind: ruhig, neugierig und frei von Zwang.
Fazit
Elefanten sind keine Pferde. Sie sind kluge, soziale und empfindsame Wildtiere, die Raum, Bewegung und Gemeinschaft brauchen – keine Reiter, keine Shows, keine Selfies.
Wer sie liebt, lässt sie einfach Elefant sein.
Und genau darin liegt das schönste Reiseerlebnis: still, echt und voller Respekt.
So haben wir recherchiert:
Für diesen Beitrag haben wir uns durch eine Menge Berichte, Studien und persönliche Erfahrungsberichte gearbeitet – immer mit dem Ziel, zwischen schönen Versprechen und echter Verantwortung zu unterscheiden.
Wir haben unter anderem auf Daten von World Animal Protection (Elephants. Not Commodities – Taken for a Ride 2, 2020) zurückgegriffen – die bisher umfassendste Analyse zum Elefantentourismus in Asien. Außerdem haben wir uns an den Richtlinien der ABTA (Global Welfare Guidance for Animals in Tourism, 2019) orientiert, die klar festhalten: Reiten und Baden mit Elefanten sind keine tiergerechten Aktivitäten.
Ergänzt wurde das Ganze durch wissenschaftliche Studien, etwa von Kongsawasdi et al. (2021) zu den körperlichen Belastungen beim Reiten und Magda et al. (2015) über Satteldruck und Hautverletzungen bei thailändischen Elefanten. Auch Arbeiten von Bansiddhi et al. (2020) zu Haltungsbedingungen und Stressfaktoren in Camps flossen ein.
Zusätzlich haben wir Reiseberichte, lokale Stimmen aus Chiang Mai, Kegalle und Ubud sowie Einschätzungen von Organisationen wie PETA Asia, Responsible Travel, Sustainable Travel International und Animals Asia berücksichtigt.
Kurz gesagt: Wir haben viel gelesen, gefragt, verglichen – und am Ende gefiltert, was wirklich verlässlich ist. So stellen wir sicher, dass die Empfehlungen hier auf Fakten beruhen und nicht auf gut gemeinten Marketingtexten.