Die Stelzenfischer in Sri Lanka - Eine Touristen Abzocke!?
Sie gehören zu den Ikonen Sri Lankas und sind beliebtes Motiv in Reisebroschüren – die Stelzenfischer entlang der Südküste von Sri Lanka.
Diese Art der Fischerei wird sonst nirgendwo auf der Welt angewendet und ist Teil der lokalen Kultur. Bis auf eine ältere Version der 20-Rupien-Geldscheine haben die berühmten Stelzenfischer es geschafft, für viele Touristen sind sie Ausdruck von Exotik und Naturverbundenheit.
Die Stelzenfischer aus Koggala
Vor allem der Küstenort Koggala ist bekannt für die Stelzenfischer, doch es gibt sie beinahe überall entlang des circa 30 Kilometer langen Küstenabschnitts zwischen Koggala und Weligama.
Aus dem flachen Wasser in Ufernähe herausragende Holzpfähle sind hier ein typisches Wahrzeichen der Küstenlandschaft. Die Stelzen, in Singhalesisch “ritipane” genannt, bestehen aus einem etwa 3,5-4 Meter langen Pfahl, der einen halben Meter tief in die Korallenriffe oder das Flussbett geschlagen wird. An diesen wird dann ein ein dünner horizontaler Ast befestigt, welcher dem Fischer als Sitz dient. Die Füße baumeln meist einfach hinunter.
Was auf den ersten Blick einfach aussieht, ist für die Fischer allerdings harte Arbeit. Es erfordert jede Menge Geschick und Balance, um stundenlang auf der unbequemen Stelze auszuharren und auf Fische zu warten.
Den Fang, hauptsächlich Sardinen und Makrelen, sammeln sie in einer kleinen Tasche, die sie um ihre Hüfte geschnürt haben. Vor allem am frühen Morgen und am Abend vor dem Sonnenuntergang wird gefischt, da dann die meisten Fischschwärme unterwegs sind.
Jede Stelze gehört einem bestimmten Fischer, der diesen von seinem Vater vererbt bekommen hat. Sie sind respektiertes Familieneigentum und werden von Generation zu Generation weitergegeben.
Erzählungen zufolge wurde das Stelzenfischen erstmalig Ende des zweiten Weltkriegs praktiziert, als die Felsen am Strand langsam zu klein für die Menge an Fischern wurde und Hungernöte die Einheimischen dazu zwangen, weitere Wege der Nahrungsbeschaffung zu finden. Die Stelzen erlaubten den Fischern, von nun an auch in den flachen Gewässern zu fischen.
Der Vorteil an dieser Art der Fischerei liegt darin, dass nur ein minimaler Schatten auf das Wasser fällt und Fische und anderes Unterwasserleben somit kaum gestört wird.
Allerdings ist das Stelzenfischen in den letzten Jahren immer weniger lukrativ geworden. Der Fischbestand hat stark abgenommen, so dass die Fischer meist nur eine minimale Ausbeute mit nach Hause bringen, die sie entweder für den Eigenbedarf nutzen oder für kleines Geld weiterverkaufen. Auch der verheerende Tsunami 2004 hat dazu beigetragen, dass sich die Situation für die Stelzenfischer verschlechtert hat: Er hat die Küste so verändert, dass deutlich weniger Fische in den flachen Gewässern entlang der Südküste unterwegs sind. In den ersten Jahren nach dem Tsunami waren die Stelzenfischer fast vollständig von der Bildfläche verschwunden.
Deutlich einfacher und ertragreicher ist das Fischen mit Boot und Netz, so dass die Zahl der Stelzenfischer immer weiter sinkt – einer offiziellen Zählung zufolge sind es nur noch 65 der insgesamt um die 1500 Berufsfischer in der südlichen Provinz Sri Lankas.
Zweites Standbein als Fotomodel
Der Großteil der Stelzenfischer lebt dadurch heute in sehr ärmlichen Verhältnissen.
Sie haben sich allerdings mittlerweile ein zweites Standbein aufgebaut, in dem sie von Touristen Geld für Fotos verlangen.
Für ein Foto nehmen sie um die 1.000 Rupien (das sind lächerliche 4,50 Euro für ein tolles Andenken). Möchte der Tourist selbst einmal auf einer Stelze sitzen und sich als Stelzenfischer darstellen, ist der Preis etwas höher.
Dies wird von vielen als unverschämte Geldmacherei erachtet und die Stelzenfischer stehen dafür in der Kritik, dass sie ihr eigentliches Handwerk gar nicht mehr ausüben, sondern nur noch Geld mit Touristen machen.
Dass das Stelzenfischen nicht mehr in dem Ausmaß praktiziert wird, wie es traditionell der Fall war, ist wahr, aus oben angeführten Gründen. Was du als Besucher dennoch nicht vergessen solltest, ist, dass die Stelzenfischer gerade deswegen auf das Geld, was sie durch Fotos einnehmen können, angewiesen sind. Das Fischen bringt ihnen nur eine minimale Ausbeute und ein äußerst geringes Einkommen, wovon sie ihre Familie kaum ernähren können. Touristen sind häufig gewillt, etwas Geld für ein vermeintlich einzigartiges Urlaubsfoto zu bezahlen und für den Fischer ist es einfach verdientes Geld, das direkt ihm und seiner Familie zu Gute kommt.
Ob es dir persönlich wert ist, für ein Foto von den Stelzenfischern etwas Geld in die Hand zu nehmen, darfst du am Ende immer noch selbst entscheiden.